Von der Schule in Vietnam in eine erzgebirgische Bäckerei: Wie sich ein asiatisches Paar seinen Wunsch verwirklicht

Banh Mi ist eine beliebte Baguette-Zubereitung aus Vietnam. Dass als Klassiker im Erzgebirge Semmeln über die Bäckerei-Theke gehen, lernten Hieu Minh Pham und Duc Hoang Dinh wahrscheinlich als erstes. Seit über einem Jahr werden sie in der Bäckerei Bauerfeind in Hohndorf ausgebildet. Für die Inhaber des Familienbetriebes Norman und Erik Bauerfeind ist das Integrieren ausländischer Mitarbeiter Neuland. Doch nach der Überwindung einiger bürokratischer Hürden fällt das Fazit bisher durchweg positiv aus – für beide Seiten. Positives Auftreten mit Fokus auf das Lernen neuer Dinge und Pünktlichkeit: das Azubi-Paar punktet bei den Chefs. Hieu Minh Pham absolviert eine Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin, während Duc Hoang Dinh zum Bäcker angelernt wird. Die beiden 24-jährigen leben in einer kleinen Wohnung in Hohndorf, die sie mit Unterstützung ihrer Chefs erhielten und auch eingerichtet bekamen. Zwei Jahre dauert ihre Ausbildung noch.

Traum vom Arbeiten in Deutschland erfüllt

Doch wie kommen die jungen Leute aus Südostasien überhaupt dazu, ihre Ausbildung in Hohndorf zu absolvieren? Weil die Brüder Bauerfeind aus Deutschland keine Bewerbungen mehr für offene Ausbildungsstellen erhielten, suchten sie nach Alternativen. „Die Arbeitszeiten sind insbesondere für junge Menschen unattraktiv“, erklärt Norman Bauerfeind. Durch Zufall erfuhren sie, dass die Handwerkskammer Chemnitz in Zusammenarbeit mit der Jacura Group aus Zwickau Auszubildende vermittelt. Jacura betreibt in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi eine deutsche Sprachschule. Deren Geschäftsführer schaltete daraufhin im Auftrag der Bäckerei eine Stellenanzeige in der Schule. Hieu Minh Pham und Duc Hoang Dinh waren zu dem Zeitpunkt dort Schüler mit dem Ziel, in Deutschland arbeiten zu wollen. „In Deutschland bekommt man eine gute Ausbildung und einen fairen Lohn. Außerdem ist die Luft sehr sauber und wir wollten auch mal Schnee erleben“, begründet Hieu Minh Pham diesen Wunsch. Nach der Schule schloss sie zunächst ein Studium zur Hotelmanagerin ab, Duc Hoang Dinh studierte im Bereich Transport- und Kommunikationsmanagement. „Wir wollten ins Lebensmittelhandwerk wechseln, weil wir die Kommunikation mit den Menschen lieben und einer handwerklichen Tätigkeit nachgehen wollten“, so der 24-Jährige.

Bis sie alle Genehmigungen bei den Behörden eingeholt hatten, verging ein halbes Jahr. „Um für die Facharbeiterprüfung zugelassen werden zu können, benötigen sie noch das Sprachzertifikat B2“, sagt Norman Bauerfeind. Eigentlich sollten sie dieses vor Ausbildungsbeginn ablegen. Wegen der Corona-Pandemie konnten sie jedoch erst später nach Deutschland fliegen. Daher möchten sie es nun an einer Abendschule nachholen.

Mehr als 100 Jahre Backtradition - Nachfolge gesichert

Die Bäckerei und Konditorei Bauerfeind wird seit über 100 Jahre von der Familie geführt. Die Brüder übernahmen erst in diesem Jahr den Betrieb von ihrem Vater Andreas, der nun in den Ruhestand geht. Gleich nach der Schule traten beide in die familiären Fußstapfen. Während sich Norman Bauerfeind zum Bäckermeister ausbilden ließ, legte sein Bruder Erik die Meisterprüfung zum Konditor ab. Damit ergänzen sich beide fachlich optimal. Ihr Ururgroßvater legte im Jahr 1910 den Grundstein für die Erfolgsgeschichte mit der Einrichtung eines Tanzcafés und servierte haugebackene Kuchen und Torten. Norman und Erik Bauerfeind beginnen zugleich ein neues Firmenkapitel zu schreiben. Das zeigt sich besonders repräsentativ im Stammhaus, das nach umfangreichen Umbauarbeiten in neuem Glanz erstrahlt.